Zum Seiteninhalt springen Zur Navigation springen
18. April 2018

Philippe Herreweghe - Der unermüdliche Entdecker

von Anne Payot-Le Nabour

Nachdem er seine Zuhörer in der Philharmonie im Laufe der letzten Jahre wiederholt mit seinen Interpretationen elektrisiert hat, kommt Philippe Herreweghe nun als Artist in residence nach Luxemburg. Dem Publikum bietet das die Gelegenheit, die verblüffende Vielseitigkeit des unermüdlichen Entdeckers im Rahmen von vier Konzerten mit ganz unterschiedlichem Repertoire zu  erleben.

Zunächst erfüllt die alte Musik den damals jungen Mann derart mit Begeisterung, dass er sich dieser neben seiner anderen Passion, der Medizin, verschreiben will. Der Weg scheint vorgezeichnet: Er wird Psychiater und dirigiert Bach-Kantaten als «Amateur» im besten Sinne des Wortes. Doch das  Schicksal will es anders, denn er trifft Gustav Leonhardt, der ihn fortan prägt und ihm vorschlägt, gemeinsam mit ihm alle Bach-Kantaten einzuspielen.

Was folgt, ist eine lange Karriere als Wegbereiter der alten Musik, für die er einer der maßgeblichen Spezialisten wird. Geschichtsbegeistert wie er ist, wird Philippe Herreweghe zum glühenden Verfechter einer historischinformierten Aufführungspraxis, die sich auf ein gründliches Quellenstudium beruft. Zeugnisse dieser frühen Leidenschaft gibt der Dirigent im Großherzogtum mit Madrigalen von Claudio Monteverdi in der Saint-Jean-Kirche der Abtei Neumünster.

Die Musik des deutschen Sprachraums lernt er zunächst durch die Begegnung mit den Symphonien Anton Bruckners kennen, die er unter Bernard Haitink in der Kathedrale Saint-Bavon seiner Geburtsstadt Gent hört. Er erlebt das deutsche Repertoire als Einheit, die sich nur mit kleinen Unterschieden äußert: «Der Abstand zwischen Bach und Bruckner, der eigentlich eineinhalb Jahrhundert später kommt, ist weit geringer als der zwischen Bach und seinem Zeitgenossen Vivaldi. Genauso verhält es sich mit den Beziehungen zwischen Bach und Mendelssohn, Schubert, Brahms...».

Philippe Herreweghe | photo: Matthias Baus Philippe Herreweghe | photo: Matthias Baus

Rhetorik und «Rede»weise dieser Musik sind ihm daher besonders wichtig, wie er im vergangenen November anlässlich eines Beethoven-Abends im Grand Auditorium verriet: «Die Grundlage der Musik des deutschsprachigen Raums im 19. Jahrhundert ist die intime Verbindung von Gesang und Instrumentalmusik. Brahms, Beethoven oder Bruckner waren alle beherrscht vom Glauben an die Allmacht der Poesie und der Sorge, die Botschaft des gesprochenen Wortes in Instrumentalmusik übertragen zu können».

Das Luxemburger Publikum kann sich davon selbst ein musikalisches Bild machen. Zuerst bei einem reinen Mozart-Abend mit dem Requiem und der Symphonie N° 41, der «Jupitersymphonie», in der Interpretation der beiden Ensembles von Philippe Herreweghe, des Collegium Vocale Gent, das er Ende der 1960er Jahre gründete, und des Orchestre des Champs-Élysées, das gerade sein 20-jähriges Bestehen gefeiert hat. Anschließend folgt ein Konzert mit dem Royal Concertgebouw  Orchestra mit Schubert, Schumann und Beethoven, dessen Violinkonzert mit der brillanten Solistin Isabelle Faust erklingt. Sie ist eine langjährige künstlerische Partnerin Philippe Herreweghes, über die er auf France Musique sagte, dass «sie eine gemeinsame innere Welt entwickelt» hätten.

Seine Residenz erreicht ihren abschließenden Höhepunkt, wenn Philippe Herreweghe erstmals ans Pult des Orchestre Philharmonique du Luxembourg tritt für Brahms’ Erstes Klavierkonzert mit dem Solisten Martin Helmchen, mit dem er bereits das Klavierkonzert von Mendelssohn eingespielt hat. Für das Hausorchester bedeutet dies, von der Meisterschaft eines der renommiertesten Dirigenten der Gegenwart profitieren zu können.

Konzerte

  • 23.10.2018 20:00 Uhr

    Philippe Herreweghe – Mozart Requiem

    Liegt in der Vergangenheit

    Von einer mystischen Aura umgeben ist Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem aus vielerlei Gründen, vor allem wegen seiner Entstehung kurz vor dem Tod des Komponisten. Artist in residence Philippe Herreweghe stellt das Abschiedswerk in ein neues Licht, indem er es mit der strahlenden «Jupiter»- Symphonie Mozarts kontrastiert.

  • 25.11.2018 19:00 Uhr

    Concertgebouw Orchestra / Philippe Herreweghe / Isabelle Faust

    Liegt in der Vergangenheit

    Nach einem Konzert mit dem von ihm gegründeten Orchestre des Champs-Élysées setzt Philippe Herreweghe seine Residenz an der Philharmonie mit dem Royal Concertgebouw Orchestra fort – ein Klangkörper, mit dem er als regelmäßiger Gastdirigent bestens vertraut ist. Neben Kompositionen von Schubert und Schumann steht Beethovens Violinkonzert mit der Geigerin Isabelle Faust auf dem Programm, mit der Herreweghe eine lange Zusammenarbeit verbindet und deren «Stradivari [dieses Werk] in ein neues, intimes Licht voller Herz und Geist rückt» (Le Temps). Mit der Symphonie N° 2 von Schumann, die der Komponist nach einer langen Schaffenskrise schrieb und die als Hymne ans Leben gesehen wird, wird der Abend im Zeichen des romantischen Repertoires abgerundet.

    Concert en hommage à Son Altesse Royale La Grande Duchesse Joséphine-Charlotte

  • 07.05.2019 20:00 Uhr, Église Saint-Jean, Luxembourg

    Philippe Herreweghe / Collegium Vocale Gent

    Fällt leider aus!
    REMARQUE: C’est avec regret que nous vous annonçons que nous sommes contraints d’annuler le concert de ce soir à l’Église Saint-Jean. La Soprano Monica Piccinini étant dans l’incapacité de se produire et compte tenu de la spécificité du répertoire ne permettant pas un remplacement au pied levé, nous nous voyons dans l’obligation d’annuler le concert du Collegium Vocale Gent sous la direction de Philippe Herreweghe. Toutes les personnes ayant acheté des tickets pour ce concert seront contactées par courrier. Nous vous remercions de votre compréhension.
  • 17.05.2019 20:00 Uhr

    Philippe Herreweghe / OPL

    Liegt in der Vergangenheit

    Eine denkwürdige Begegnung erwartet das Orchestre Philharmonique du Luxembourg am 17.05.: Philippe Herreweghe beschließt seine künstlerische Residenz am Pult des Hausorchesters. Solist des Abends ist der deutsche Pianist Martin Helmchen, den ResMusica als einen Musiker beschreibt, der «kein Interesse zeige, durch vordergründige Virtuosität zu beeindrucken, sondern vielmehr das Innerste des Werkes beleuchte». Er ist im monumentalen Ersten Klavierkonzert von Johannes Brahms zu erleben, aus dessen Feder ebenfalls die Vierte Symphonie erklingt. Außerdem kommt der Komponist ab 18:45 in der Salle de Musique de Chambre im durch die Musikwissenschaftlerin Hélène Pierrakos in französischer Sprache dargebotenen Hörvergleich zu Ehren.

    HINWEIS: mit Bedauern teilen wir Ihnen mit, dass Martin Helmchen aus gesundheitlichen Gründen seinen Auftritt mit Philippe Herreweghe und dem OPL am Freitag (17. Mai) in der Philharmonie absagen muss. Die Geigerin Carolin Widmann ist dankenswerterweise kurzfristig für ein verändertes Programm eingesprungen.

    Ce concert sera enregistré par radio 100.7 et retransmis ultérieurement.