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19 April 2011

Ist Klassik für ein junges Publikum attraktiv genug?

by Philharmonie Luxemburg

Vor ein paar Tagen las ich auf Christian Henner-Fehr's Kulturmanagement Blog dessen Beitrag „Orchester : neue Wege, um Klassikfans zu gewinnen dank Youtube?“, der auch auf David Cutler’s Artikel „What professional orchestras should learn from Youtube“ verweist. Die Frage die hier aufgeworfen wird, ist folgende: können „traditionelle“ Orchester Ideen und Konzepte vom Youtube Symphony Orchestra übernehmen, sei dies in der Art der Konzertaufführung, im Social-Media-Bereich oder in der Kommunikation, um auf das schwindende Interesse an klassischer Musik zu reagieren?

Eine Studie der Universität St.Gallen zeigt in der Tat, dass beim derzeitigen Alterungsprozess der Gesellschaft bis zu 40 Prozent des Konzertpublikums in den nächsten 30 Jahren verloren gehen wird. Somit sind die Orchester wie auch die Veranstalter aufgefordert, neue Wege zu finden um ein jüngeres Publikum anzuziehen.

Ein Vorschlag Cutlers ist es, visuelle Effekte, natürlich passend zur Musik, in die Konzerte einzubauen:

"The YTSO event was stunning visually.  Projections accompanied almost every piece, including live streaming, lighting extravaganzas, and even the work of a sand animator.  (...)  The incorporation of even small amounts of dance, video, slides, lighting, or staging can make an enormous impact, especially if done tastefully."

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Als am 12 März Michel van der Aa's Cello Konzert mit Sol Gabetta und der Amsterdam Sinfonietta seine luxemburgische Premiere hatte, waren einige Menschen im Publikum eher perplex, manche sogar richtig verstimmt. Nicht nur weil das Konzert fortwährend von einem Video begleitet wurde, sondern auch weil Sol Gabetta schauspielerisch auf der Bühne aktiv war.

Ich persönlich empfand den Zusatz des Videos und der kurzen schauspielerischen Leistung Sol Gabettas als spannend, ja sogar atemberaubend in der Intensität die das Gesamtbild schuf. In diesem Fall war es auch passend, weil jedes Element (das Video, die Choreographie und natürlich die Musik) Teil eines Ganzen und von Beginn an des Kreativprozesses des Komponisten so gedacht war.  Ob es nun aber sinnvoll und attraktivitäts-steigernd ist bei einem "normalen" klassischen Konzert mit beispielsweise Schostakovitch, Brahms oder Beethoven ein Video "beizufügen", um die Veranstaltung für junge Leute spannender und interessanter zu machen, ist eine andere Frage.

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Sicherlich, der Klassikbereich muss sich in Frage stellen (was er ja auch tut. Vor allem in der zeitgenössischen Musik kommen vermehrt neue Konzertformen auf) und soll auch neue Wege finden um ein jüngeres Publikum anzusprechen (was bspw. durch Social Media Aktivitäten oder kinder-und jugendspezifische Konzerte schon oft umgesetzt wird.)

ABER man sollte nun auch nicht in das Extrem verfallen, alles neu und anders machen zu wollen. Ein Klassikkonzert wird nie und soll auch nie ein Popkonzert werden (genauso wenig wie ein Jazzkonzert mit einem Rockkonzert verglichen werden kann). Auch in seiner jetzigen Veranstaltungsform ist ein Klassikkonzert durchaus ein Erlebnis, das Emotionen, Kraft und Spass vermitteln kann! Natürlich müssen wir als Veranstalter uns weiter bemühen, dies einem jungen Publikum zu vermitteln. Aber dieses junge Publikum sollte seinerseits auch genug Offenheit zeigen und den Mut und die Neugier haben, sich auf ein solches Erlebnis einzulassen. Ist diese Bereitschaft nicht vorhanden, nützt  jede Projektion während dem Konzert oder Interaktion mit den Musikern nichts!

-- Didier